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Hoher Druck und mangelnde Wertschätzung

Arbeitsbelastung

Bereits zum zweiten Mal hat ver.di eine deutschlandweite Befragung von Beschäftigten im Bankensektor durchgeführt. Zwischen Februar und März 2021 haben sich insgesamt 21.696 Mitarbeiter*innen an der Online-Umfrage von ver.di beteiligt. Die Ergebnisse liegen nun vor.

Auch für die Beschäftigten im Bankensektor haben die vergangenen Monate einen Wandel des Arbeitslebens mit sich gebracht. In allen Bereichen der Branche gab es pandemiebedingte Veränderungen. Wie die Beschäftigten diesen Wandel beurteilen, was ihnen wichtig ist und womit sie unzufrieden sind, hat eine Studie der Friedrich-Schiller Universität in Jena auf Basis der ver.di-Umfrage untersucht.

Die Beschäftigten konnten sich zu zahlreichen Themenfeldern äußern. Darunter waren auch Fragen zur technischen und finanziellen Unterstützung im Homeoffice. Die Ergebnisse verdeutlichen: Zahlreiche Themen brennen den Beschäftigten auch im Corona-Jahr unter den Nägeln:

Viele sind unzufrieden mit der Höhe der Entlohnung, besonders mit Blick auf die Arbeitsbelastung.
Der freie Samstag bleibt weiterhin eine wichtige Errungenschaft.
Die Digitalisierung hat zwar durch das mobile Arbeiten von zu Hause einen Schubs bekommen, aber an der Umsetzung gibt es noch erheblichen Verbesserungsbedarf.
Einen hohen Stellenwert hat, insbesondere in den Privatbanken, die Arbeitsplatzsicherheit.
Wie schon bei der ersten Umfrage vor zwei Jahren ist ein wertschätzendes Arbeitsklima für alle Bankbeschäftigten wichtig.

Studie zum Download

Zufriedenheit mit Homeoffice steigt deutlich

Die Möglichkeit, von zu Hause zu arbeiten, galt lange Zeit als Luxus. Im Zeitalter der Pandemie ist sie für viele Beschäftigte jedoch zum Muss geworden. Das Homeoffice bietet Flexibilität. Aber es bringt auch Probleme mit sich.

Die mit Abstand größten Verbesserungen berichteten die Befragten daher auch aus dem Bereich mobiles Arbeiten. Der Anteil an zufriedenen Beschäftigten hat sich in diesem Punkt im vergangenen Jahr von 35 auf 68 Prozent nahezu verdoppelt. Denn bedingt durch die Corona-Pandemie haben sich die Möglichkeiten im Homeoffice zu arbeiten enorm erhöht.

In diesem Kontext nannten viele Befragte daher auch Verbesserungen bei der individuellen Arbeitszeitgestaltung und der Weiterqualifizierung angesichts der Digitalisierung.

Dennoch läuft auch im Homeoffice nicht alles rund: Am häufigsten wurde Unzufriedenheit mit den Rahmenbedingungen im Homeoffice, genauer mit der technische Ausstattung und der finanziellen Unterstützung seitens der Unternehmen geäußert.

Zwar haben sich die Möglichkeiten der mobilen Arbeit deutlich verbessert, allerdings ist die Mehrzahl der Befragten – insbesondere im Angestelltenbereich und bei Beschäftigten in niedrigen Einkommensgruppen – unzufrieden mit den Unterstützungsleistungen seitens des Arbeitgebers.

Und auch für jene, die nicht von zu Hause arbeiten können, bedeutet Corona eine Einschränkung: Insbesondere Servicemitarbeiter*innen und Serviceberater*innen kritisierten fehlende Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz.

Arbeitsbelastung und Druck

Über Arbeitsverdichtung und viel Druck im Job berichten die meisten Befragten. Die hohe Arbeitsbelastung durch Zielvereinbarungen und Personalmangel macht viele Mitarbeiter*innen unzufrieden:

  • Jeweils ein Drittel (34 Prozent) verortet sich in der Mitte der Zufriedenheitsskala.
  • Rund jede*r fünfte Befragte äußert sich unzufrieden und
  • weitere sieben bis acht Prozent sogar sehr unzufrieden.

Darüber hinaus zeigt die Befragung, dass der Grad der Arbeitsbelastung stark mit der Bewertung von Zielvereinbarungen und der Wertschätzung durch Vorgesetzte zusammenhängt.

Erstmals hatten die Befragten auch die Gelegenheit, sich in einem Freitextfeld zu ihren größten Arbeitsbelastungen zu äußern:  Fast jede*r fünfte Beschäftigte verwies darin auf „Druck“, darunter Zeit-, Termin-, Vertriebs-, Ertrags-, Verkaufs-, Zahlen-,Ergebnis- und Erfolgsdruck. 

Interessant ist, in welchem Zusammenhang über Zeitdruck und Arbeitsverdichtung gesprochen wird und was aus Sicht der Befragten Gründe für diese Entwicklung sind. Am häufigsten wurde der Mangel an (qualifiziertem) Personal genannt. Viele gaben an, dass erfahrene Mitarbeiter*innen in den (Vor-)Ruhestand gegangen seien oder Personal abgebaut wurde. Die Arbeitslast sei indes gleichgeblieben oder habe sich sogar erhöht.

Zudem wird der Verlust von Erfahrungswissen in Zusammenhang mit einem fehlenden Wissenstransfer kritisiert.

Auch das Themenfeld Weiterqualifizierung wird von vielen Mitarbeiter*innen kritisch betrachtet. Sowohl die generellen Möglichkeiten angesichts der fortschreitenden Digitalisierung als auch die finanziellen und zeitlichen Unterstützungsangebote wurden bemängelt. Insbesondere die Beschäftigten in privaten Banken und in Genossenschaftsbanken übten daran Kritik.

Digitale Lösungen sollen zwar den Personalabbau ausgleichen und die Effizienz steigern, werden aber von vielen Befragten als nicht ausgereift bewertet. Ein relevanter Teil der Befragten verweist zudem auf die wachsende Komplexität von Aufgaben hin, auch im Zusammenhang mit immer neuen Umstrukturierungsmaßnahmen. Ein Teil der Befragten berichtete zudem über hohe Zielvorgaben, die – gerade unter Coronabedingungen – nur mit hoher Arbeitsintensität zu erreichen seien.

Etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Befragten äußerten sich daher unzufrieden mit der Umsetzung von Digitalisierungsstrategien in ihrem Unternehmen. Viele Mitarbeiter*innen kritisieren etwa veraltete Hardware und eine unzureichende IT-Infrastruktur, die den zunehmend komplexen Aufgaben nicht angemessen ist.

Ebenso häufig wird über unausgereifte Softwarelösungen berichtet, die lange Einarbeitungszeiten erfordern, ohne dass es entsprechende Schulungskonzepte gäbe oder kompetente Ansprechpartner zur Verfügung stünden. 

Welche Rolle spielen Einkommenshöhe, Alter und Arbeitsort?

Unterschiede bei den Beschäftigten gibt es bei den Einkommensgruppen: Besonders große Differenzen zeigen sich bei den Möglichkeiten, mobil zu arbeiten. Insbesondere für Beschäftigte mit hohen Einkommen und außertariflicher Entlohnung ist diese Möglichkeit besonders wichtig. Auch der Stellenwert individueller Arbeitszeitgestaltung und von Autonomiespielräumen bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeit nimmt mit steigendem Verdienst zu.

Mit Blick auf das Alter der Befragten lassen sich ebenfalls Unterschiede erkennen: Während die Relevanz der Anerkennung durch Vorgesetzte im Alter deutlich abnimmt, nimmt die Wichtigkeit von Altersteilzeit- und Vorruhestandsregelungen zu. Altersteilzeit- und Vorruhestandsregelungen werden vor allem von Seiten der Angestellten (und hier insbesondere von Beschäftigten in Genossenschaftsbanken) kritisiert. Die Unzufriedenheit mit entsprechenden Regelungen steigt mit zunehmendem Alter an.

Arbeitsort:

  • mehrheitlich in einer privaten Bank (61 Prozent)
  • zu etwa einem Drittel (32 Prozent) in einem öffentlich-rechtlichen Institut und
  • zu einem kleineren Teil (7 Prozent) in einer Genossenschaftsbank.

Altersstruktur:

  • Die Mehrheit (62 Prozent) ist über 44 Jahre alt.
  • Nur etwa 18 Prozent der Befragten sind unter 35 Jahre.

Beschäftigungsverhältnis:

  • Rund zwei Drittel (65 Prozent) arbeiten in einem Angestelltenverhältnis.
  • Weitere 34 Prozent sind außertariflich beschäftigt, darunter zwei Drittel Männer.
  • Drei Vierteil aller Befragten (75 Prozent) sind vollzeitbeschäftigt.
  • Ein weiteres Viertel (25 Prozent) arbeitet in Teilzeit, darunter überwiegend (86 Prozent) Frauen.

Text: Julia Hoffmann


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Eine Antwort zu “Hoher Druck und mangelnde Wertschätzung”

  1. zu den Themen „Digitalisierung“ / „Heim-Büro“:
    „Digitalisierung“ heißt auf längere Sicht nichts weiter als einen gravierenden Abbau von Arbeitsplätzen!
    Frage: Wer zahlt unsere Renten – vor allem in der Zukunft – – Millionäre / Milliardäre?
    „Heim-Büro“: Auch hier sparen die Arbeitgeber enorme Kosten! Es werden weniger Gebäude benötigt, d. h., es muss weniger Miete gezahlt werden; auch hier werden Arbeitsplätze eingespart. Und es ist für den Betriebsrat (Gewerkschaften) schwieriger zu kontrollieren, wieviel Stunden am Tag die Arbeitnehmer „wirklich“ arbeiten.