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Quo vadis, AGV?!

Wie geht es weiter mit unserer Tarifrunde? Ganz kurz und knackig? So richtig wissen wir das auch nicht.

Der Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes (AGV) ist vom Verhandlungstisch aufgestanden, ohne uns zu sagen, wann er wiederkommt. Die Arbeitgeberseite will so mit uns nicht mehr weiterverhandeln, unsere Forderungen seien nicht erfüllbar.

Es stellt sich die Frage, was denn aus Sicht des AGV möglich ist? Die Anfang 2021 von uns aufgestellten materiellen Forderungen sind durch die Inflationsentwicklung mittlerweile komplett überholt. Zur Erinnerung: Wir wollten damals 4,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Seit Ende 2021 liegen nun aber die monatlichen Inflationswerte bei rund fünf Prozent und werden in den kommenden Monaten weiter steigen.

Und auch bei allen anderen Themen wie mobile Arbeit oder Nachwuchskräftetarifvertrag gab es zwar viele Gespräche, aber so richtig in der Substanz hat sich noch gar nichts bewegt. Und leider gibt es auch immer sofort Stoppschilder, wenn es ums liebe Geld geht.

Was passiert eigentlich, wenn es keinen Abschluss gibt?
Mal ganz allgemein geantwortet: Wenn der Arbeitgeberverband mit uns nicht mehr abschließen will oder nur zu richtig schlechten Konditionen, dann gibt es irgendwann gar keinen Tarifvertrag mehr. Dann sind all die Errungenschaften der letzten Jahrzehnte wie tariflicher Urlaub, Sonderzahlung, Wochenarbeitszeit, arbeitsfreier Samstag und längere Lohnfortzahlung frei verhandelbar oder schlicht: gestrichen.

Von regelmäßigen Gehaltssteigerungen mal ganz abgesehen. Oder gar von einer tariflichen Eingruppierung mit garantierten Aufstiegen nach Berufsjahren.

Mit einer Ausnahme: Mitgliedern von ver.di kann man all das, was im Tarifvertrag steht, nicht wegnehmen! Das geht nur mit Beschäftigten, die keine unmittelbare Bindung an den Tarifvertrag haben, wie ein ver.di-Mitglied sie eben hat. Eine Gehaltserhöhung bekommt man deswegen zwar auch nicht mehr, aber man verliert zumindest nichts. Für unorganisierte Beschäftigte wären ohne Tarifvertrag dagegen (innerhalb der gesetzlichen Mindestvorgaben) alle Arbeitsbedingungen frei durch den AGV diktierbar!


Sie halten das für unrealistische Panikmache?
Da hilft ein Blick in die Vergangenheit! Ursprünglich haben wir mal als ver.di mit drei Arbeitgeberverbänden einen Branchentarifvertrag verhandelt. Dann sind die genossenschaftlichen Banken ausgeschert und haben mit ver.di nicht mehr abgeschlossen. Die Folge: Seit Jahren zurückgehende Realeinkommen und sinkende Einkommensperspektiven für alle dem Verbandstarifvertrag unterfallenden Institute. Nur in einigen wenigen Banken (wie z. B. bei der Sparda) hat ver.di Haustarifverträge durchgesetzt – dank engagierter Beschäftigter, die bei uns organisiert sind!

Im vorletzten Jahr haben sich nun auch der Bundesverband der öentlichen Banken (VÖB) und der AGV getrennt und verhandelt seitdem separat mit uns.

Und bereits am Rande des letzten erfolglosen Verhandlungstermins hat der AGV die Tarifflucht vorbereitet und tatsächlich einem Berufsverband angeboten, das miserable AGV-Angebot als Tarifvertrag abzuschließen. Ohne ver.di. Mit mageren dreimal rund einem Prozent Gehaltserhöhung für drei Jahre. Das wäre das Ende des Branchentarifvertrages gewesen, wie wir ihn kennen und schätzen!

Im Klartext: Ohne entsprechenden Druck kommen die Arbeitgeber nicht zurück an den Verhandlungstisch!

Und was machen wir jetzt?
Wir haben nur zwei Optionen: Die erste wäre, sich dem Schicksal zu fügen und dann eben selber manchmal schüchtern zu fragen, ob der Chef oder die Chefin vielleicht so nett sein und eine kleine Gehaltserhöhung beantragen könnte. Sprich: Wer heute die Auseinandersetzung um unseren gemeinsamen Tarifvertrag anderen überlässt, muss morgen vielleicht ganz allein seine Arbeitsbedingungen verhandeln.

Oder wir entschließen uns, gemeinsam zu kämpfen, organisieren uns gemeinsam in ver.di und setzen die Arbeitgeberseite gemeinsam unter Druck. Wir streiken für angemessene Gehaltssteigerungen, ordentliche Arbeitsbedingungen auch beim mobilen Arbeiten und fordern Entlastung für die vielen Anstrengungen, nicht nur wegen der Pandemie. Nicht irgendwann, vielleicht in 2024, sondern JETZT! Und nicht mit Einmalzahlungen, sondern mit linearen Gehaltserhöhungen, die der Inflation dauerhaft entgegenwirken!

Gemeinsam sind wir nicht zu überhören, gemeinsam können wir unsere Rechte und Ansprüche durchsetzen und gemeinsam holen wir die Arbeitgeberseite wieder auf Augenhöhe und zurück an den Verhandlungstisch.

Und noch mal: Einen Rechtsanspruch auf tarifliche Regelungen haben nur ver.di-Mitglieder!

Für unsere Tarifverträge, für gute Arbeitsbedingungen, für lineare Gehaltssteigerungen. Für uns alle. Werden wir aktiv für unseren Tarif. Jetzt!

Diese Tarifinfo gibt es hier auch zum Herunterladen und Verteilen


9 Antworten zu “Quo vadis, AGV?!”

  1. Damit etwas gelingen kann, müssen sich beide Seiten Mühe geben. Aber ohne Abschluss, Einmalzahlung und für die Zukunft gesicherter Betriebsrente haben die Kolleg*innen wie Ihr richtig schreibt, gar nichts in Händen – und das muss auch dabei abgewogen werden.
    Liebe Grüße an Jan.

    • Die Beschäftigten sind die Säulen und tragen die Banken. Also sollte der Arbeitgeber dieses Wertschätzen.
      Ich hoffe viele sind in Verdi um zu demonstrieren das wir auch rechte haben. Ein Blick auf die Anzeigen der Tankstellen und Preis-Erhöhungen trifft uns alle.
      Also liebe Arbeitgeber….ihr wollt gute Bilanzen dann tut was.

  2. Vielleicht sollten wir langsam mal vom Betteln auf Erreichen umschalten.

    Von „lokalen Warnstreiks“ zu „Vier Wochen den Laden dicht machen“,

    Von „der Arbeitgeber könnte den Tarifvertrag aufkündigen“ auf „Ohne unsere Hände macht keiner die Arbeit“ umschalten.

    Ich bin es leid das unser Vorstand den Kunden Produkte wg. der hohen Inflation empfiehlt und seinen Mitarbeitern ausrichet, dass Ihr Gehalt im Vergleich vollkommen angemessen ist.

    Was denkt der AGV eigentlich was füt dumme KollegenInnen er hier vor sich hat?

    • Statt dem AGV auf Augenhöhe zu begegnen, wird rumgeeiert – und das schon seit ein paar Jahren. Wir haben uns organisiert, um ein starker Verhandlungspartner zu sein und nicht um uns zu ducken. Wir haben ein starkes Argument und das heißt flächendeckender Streik…

  3. Das klingt alles schon, doch warum werden dann nur immer solch kurzfristige und regionale Streiks durchgesetzt? Vielleicht Stelle ich es mir zu einfach vor, keinen Ahnung, aber wie wäre es denn, wenn man Mal eine ganze Woche bundesweit zum Streik aufrufen würde? Die Beteiligung wäre wesentlich höher, da viele Kolleginnen und Kollegen aktuell nicht mitmachen, weil es in diesem Rahmen “ eh nicht bewirkt“.

  4. Ich vermute mal, für ausgedehnte Streiks reicht der Organisationsgrad einfach nicht. Anders ist es nicht zu erklären, dass seit 9 (!) Monaten immer nur punktuell gestreikt wird. M.E. wären ausgedehnte und wenn nötig unbefristete Arbeitsniederlegungen der einzige Weg, dem AGV zu zeigen, dass er auf dem Holzweg ist. Nur scheint es so zu sein, dass dafür einfach zu wenige Kolleginnen und Kollegen organisiert sind.
    Wenn einem Arbeitgeber 20% streikende MA fehlen, tut ihm das zwar immernoch weh. Zu Betriebs-oder Filialschließung wird es dennoch meist nicht kommen. Wo soll also da die Drohkulisse herkommen?
    Andererseits fehlen mir von Seiten der Gewerkschaft auch wirklich kreative Aktionen. Ist das „Belästigungspotenzial“ wirklich schon voll ausgeschöpft oder worauf warten wir?
    Es ist in der Tat beschämend, wie sich die Arbeitgeber verhalten. Und man erkennt auf der AG-Seite offennbar auch nicht, welches Signal die bisherigen Angebote und das Verhalten in den Verhandlungen insgesamt aussenden und welche Folgen sie auf die Motivation der MA haben.
    Das ist aus meiner Sicht kurzsichtig. Insbesondere in einer Branche, die bereits jetzt den Fachkräftemangel deutlich zu spüren bekommt…

    • Auch 10 oder 20% der Beschäftigten können einiges ausrichten, z.B. durch temporäre Blockaden des Betriebs, durch Streiks vor der Geschäftsstelle, usw. Das wiederum bestärkt Kollegen, sich auch gewerkschaftlich zu organisieren. Unsere Hauptstelle wurde zuletzt 1994 bestreikt…

  5. Schau einer an: bei der Postbank ist ein Tarifabschluss also möglich…
    Ich denke, der Abschluss dort sollte auch für uns der Maßstab sein. Das Ergebnis deckt zwar nicht vollständig die Inflation ab, ist aber insgesamt dennoch vertretbar.
    Ich bin gespannt, ob man sich auf Seiten des AGV dazu durchringen kann, einen ähnlichen Abschluss auch für die privaten Banken zu akzeptieren… Die Voraussetzungen dafür sind bei den privaten Banken vergleichbar, auch wenn nun sicher wieder etwas anderes suggeriert wird…

    • Nun ist also auch ein (akzeptabler) Abschluss bei den öffentlichen Banken erreicht worden. Das Ergebnis liegt auf dem Niveau des Postbank-Abschlusses.
      Ich bin sehr gespannt, was das nun für die privaten Banken bedeutet….