Was ist denn eigentlich der aktuelle Verhandlungsstand?
Der VÖB hat uns drei Prozent lineare Gehaltserhöhung zum 1.11.2022 angeboten, dazu eine Einmalzahlung von 750 Euro als Corona-Prämie, zwei zusätzliche freie Tage einmalig für 2023 und die Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit ab dem 1.1.2024 auf dann 38 Stunden/Woche. Das alles bei einer Laufzeit bis 30.6.2024.
Und warum hat ver.di das nicht angenommen?
Weil es nur scheinbar ein gutes Angebot ist. Die Inflationsentwicklung während der Laufzeit von 36 Kalendermonaten beträgt konservativ berechnet mindestens zehn Prozent. Für 2021 liegt sie dabei bei mindestens 4,5 Prozent, für 2022 wird mit mindestens 3,0 Prozent gerechnet, die Prognosen für 2023 und 2024 sprechen von jeweils mindestens 2,0 Prozent.
Die Gehaltstabelle und damit die monatlichen Bruttoeinkommen sollen in diesem Zeitraum aber nur einmalig um drei Prozent erhöht werden. Damit ist klar, dass der VÖB Ihnen Reallohnverluste in nie dagewesener Höhe abverlangen will!
Die Argumentation, dass man die Einmalzahlung und die einmalig gewährten zusätzlichen zwei freien Tage dazurechnen müsse, ist schlicht falsch. Erstens sind es einmalige Ansprüche, die zwar als Trostpflaster dienen können, aber keine Inflation ausgleichen. Und zweitens ist die „Nettozahlung“ von 750 Euro eine Mogelpackung, da viele Betriebe die steuer- und sozialabgabenfreie Corona-Prämie bereits in großen Teilen oder gar vollständig an ihre Beschäftigten ausbezahlt haben. Und damit wird für diese Belegschaften aus dem „Netto“ eben ein „Brutto“, was die Einmalzahlung in der Wirkung erheblich reduziert.
Und einmalig zwei freie Tage für 2023 sind eben keine Entlastung. Weil sie einen Einmaleffekt haben, weil aufgrund zahlreicher Personalreduzierungen in den Instituten derzeit daraus nur eine Mehrbelastung für die Belegschaft wird, da die Arbeit ja nicht weniger wird, und weil es erst in 2023 und damit viel zu spät kommt.
Selbst wenn man das aber alles in das Gesamtpaket einrechnet, wird daraus immer noch kein Inflationsausgleich. Denn in den Jahren 2021 bis 2023 beträgt die Inflation wie beschrieben vermutlich rund 9,5 Prozent. Das Angebot des VÖB beträgt aber nur 5,61 Prozent.
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Warum?
Zu den drei Prozent lineare Gehaltserhöhung kommt die Corona-Einmalzahlung (Brutto = Netto). 750 Euro aber sind im statistischen Mittel nur 1,73 Prozent.
Gehälter im 7./8. Berufsjahr + über alle 9 Tarifgruppen x 13 Gehälter = 43.376,71 Euro
Die beiden freien Tage ergäben 0,88 Prozent. (365 – 104 Samstage/Sonntage) – (30 Tage Urlaub und 7 Feiertage) = 224 Arbeitstage
Und die Reduzierung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde auf 38 Stunden/Woche ab dem 1.1.2024?
Das ist natürlich ein sehr gutes und richtiges Signal. Wenn immer mehr Arbeit digitalisiert wird, Prozesse verschlankt werden und Arbeit immer mehr verdichtet wird, fallen dadurch perspektivisch möglicherweise Arbeitsplätze weg. Durch die Reduzierung der Wochenarbeitszeit wird der arbeitgeberseitige Druck, Personal abzubauen, natürlich verringert. Das ist gut und deshalb freuen wir uns auch über dieses Signal!
Aber es soll erst in 2024 kommen und damit sehr spät. Es hilft bei den derzeitigen Belastungen gar nicht. Außerdem fordern wir, dass diese wöchentliche Arbeitszeitverkürzung auch in ganzen freien Tagen zusammengefasst werden können muss, damit es wirklich eine spürbare Entlastung in Form von zusätzlichen freien Tagen gibt.
Und da wir so schön beim Geld sind: Die angebotene Reduzierung der Arbeitszeit macht ein Volumen von 2,56 Prozent Steigerung aus. Aber wohlgemerkt beim Stundenlohn. Das absolute Gehalt steigt dadurch nicht. Die Inflation bedeutet aber ja, dass die Preise für Lebensmittel, Energie und Heizkosten steigen. Mein Gehaltsvolumen aber nicht. Will man es sarkastisch formulieren, kann man auch sagen: Ich muss künftig weniger arbeiten, aber dadurch habe ich noch mehr Zeit, zu Hause Energie und Heizung zu verbrauchen, kann mir das aber eigentlich nicht leisten.
Und jetzt?
Es muss das Ziel sein, unseren Forderungen bei einem Tarifabschluss möglichst nahe zu kommen. Das wiederum ist unmittelbar verbunden mit dem Druck, den wir in der Lage sind auszuüben, um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Das wiederum gelingt nur über Streiks!
Wir brauchen ein gemeinsames Vorgehen aller Beschäftigten in dieser Tarifrunde. Nur so haben wir eine gute Chance auf anständige Tariferhöhungen und die Sicherung der Tarifverträge für die Zukunft!
Was kann ich am besten tun?
Unterstützen Sie unsere Streiks und Aktionen! Werden Sie Mitglied bei ver.di! Mit Ihnen und vielen anderen können wir die Augenhöhe am Verhandlungstisch behalten. Für jetzt und auch in Zukunft.
Damit wir unseren Forderungen mehr Gewicht verleihen und zeitnah einen weiteren Verhandlungstermin durchsetzen, kommt es jetzt auf Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen an. Nur wenn jetzt wirklich alle deutlich sichtbar an einem Strang ziehen, werden wir die Arbeitgeber bewegen können! Sonst drohen uns Reallohnverluste und sich verschlechternde Arbeitsbedingungen in unserer Branche.
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